Alles zu Ausgleichsansprüchen und Ausgleichzahlungen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
aufgrund der Sparmaßnahmen wird das Thema Ausgleichansprüche und Ausgleichszahlungen für viele von Euch immer wichtiger. Deshalb haben wir alles zum Thema auf dieser Seite hoffentlich verständlich für Euch erläutert.
Wenn dann noch ganz spezielle Fragen offen sind, scheut Euch nicht uns zu kontaktieren!

I. Ansprüche aus dem Tarifvertrag und Berechnung

Ausgleichszahlungen sind ein tarifvertraglicher Anspruch arbeitnehmerähnlicher Freier.

Im Tarifvertrag heißt es:

§ 4.3.

Die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter, die/der keine Beendigungsmitteilung erhalten hat, mit ihrem/seinem in einem Kalenderjahr vom BR bezogenen Entgelt aber gegenüber dem Durchschnittsentgelt des vor der Geltendmachung des diesbezüglichen Anspruches liegenden 5-Kalenderjahre-Zeitraums ohne eigenes Verschulden zurückgeblieben ist, hat Anspruch auf Zahlung der sich insoweit ergebenden Differenz.

§ 4.4.

Besteht ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis weniger als vier Jahre vom Be- ginn der Tätigkeit an, so erfolgt keine Ausgleichszahlung.

Grundlage zur Berechnung der Ansprüche laut TV § 4.3. sind Honorare, Lizenzen/Urhebervergütungen sowie tarifvertragliche Leistungen (Urlaub- und Krankengeld) und Einmal- Sonderzahlungen – jedoch nicht alle.

Für die Zurechnung einer Vergütung zu einem Jahr zählt nicht der Beschäftigungstag sondern der Geldfluss. Auch Wiederholungshonorare fließen in die Berechnung mit ein. Ebenso Ausgleichzahlungen aus dem Vorjahr.

Nicht zur Berechung herangezogen werden die Arbeitgeberanteile zur Pensionskasse, Kostenerstattungen (Fahrtkosten etc.) und der Familienzuschlag.

Nach Ermittlung des Durchschnittseinkommens werden noch folgende Abschläge vorgenommen:

Einkommen zwischen € 51.129,19 und dem höchsten Tarifgehalt 10 %
Einkommen zwischen € 38.346,89 und € 51.129,19 7,5 %
Einkommen zwischen € 25.564,59 und € 38.346,90 5 %
Einkommen unter € 25.564,59 kein Abschlag

Ausgleichszahlungen oberhalb des höchsten Tarifgehaltes erfolgen nicht.

Bei der Berechnung, wie hoch das Jahreseinkommen war und wie hoch der prozentuale Abschlag ist, werden vergleichbare Einkünfte bei Dritten angerechnet. Als vergleichbar gelten insbesondere Einkünfte im Medienbereich. Ein Abschlag wird nur von den BR-Einkünften vorgenommen.

Das bedeutet Folgendes: Hat man beim BR ein Einkommen von z.B. 45.000.- Euro und außerhalb des BR noch Einkünfte die ein Gesamteinkommen von über 51.129,19.- ergeben, kann ein Abschlag von 10%, statt 7,5% vorgenommen werden.

Die Einkünfte von Dritten werden nur zur Ermittlung des Abschlags
herangezogen. Ihre Summe wird aber nicht direkt mit den Einkünften beim
BR verrechnet.

Der Abschlag unterbleibt, wenn in einem Zeitraum von 8 Jahren bereits zweimal ein Abschlag erfolgte.

WICHTIG:

Nicht genommener Urlaub und das daraus resultierende fehlende Urlaubsgeld im Jahr des Einkommensverlust wird auf das Einkommen angerechnet, auch wenn die Auszahlung steuerlich im aktuellen Jahr stattgefunden hat. Hier gilt das Argument, dass bei geringerer Beschäftigung genug Zeit gewesen wäre, den Urlaub zu nehmen und somit die Verluste zu reduzieren.

Von den Ansprüchen werden laut Tarifvertrag noch Abschläge vorgenommen (siehe oben). Nun kann es passieren, dass man zwar einen Einkommensverlust hatte,  aber keine Ausgleichzahlungen erhält, da der Verlust kleiner ist als der vorzunehmende Abschlag. Hier gilt zu beachten, dass auch wenn man keine Zahlung erhält, der Abschlag als gewährt gilt, was bedeutet, dass er nur noch einmal innerhalb der nächsten sieben Jahre vorgenommen werden kann. Stellt man keinen Antrag auf Ausgleich, weil es wegen des Abschlags eh kein Geld geben würde, kann der BR den Abschlag nach wie vor zweimal innerhalb der nächsten acht Jahre vornehmen. Mit gestelltem Antrag nur noch einmal, bzw. beim dritten Antrag nicht mehr.

Hierbei gibt es aber etwas zu berücksichtigen: Der Abschlag gilt laut Tarifvertrag ab dem ersten Euro Verlust als gewährt. Es stellt sich aber die Frage, ob es sinnvoll ist, bei geringen Verlusten einen Antrag zu  stellen. Hier sollte jeder Betroffene auf jeden Fall zuerst das Gespräch mit der Redaktionsleitung suchen und abklären, wie die Beschäftigungsperspektive aussieht und was die Gründe für den Beschäftigungsrückgang sind. Dieses Gespräch führt auch die Honorarabteilung und rät bei einer guten Perspektive dann auch mal zum Verzicht des Antrags. Damit soll ein positives Arbeitsklima gefördert werden. Schlussendlich bleibt es aber jedem Mitarbeiter frei, auch bei einem geringen Verlust den Antrag zu stellen.

Ganz wichtig:

Gründe warum nicht der rechnerisch entstandene Ausgleich gewährt wird

Im Tarifvertrag heißt es unter Ziffer 4.3 sinngemäß, das Anspruch auf Ausgleich besteht, wenn sich “ … ohne eigenes Verschulden … “ Einkommensverluste ergeben haben. Was aber ist „eigenes Verschulden“?

Hierüber lässt sich sicherlich trefflich streiten, zu guter Letzt dann vor Gericht, aber soweit sollte es nicht kommen.

Tatsache ist, dass die Honorarabteilung bei jedem gestellten Antrag mit der betroffenen Redaktion Kontakt aufnimmt und nachfragt, ob die Ansprüche berechtigt sind, bzw. ob der Einkommensrückgang vom Mitarbeiter verschuldet wurde. Dies könnten vermehrte Nichtverfügbarkeiten sein, also wenn Euch Dienste/Tätigkeit angeboten wurden, Ihr aber diese nicht angenommen habt. Die zweite Stufe wäre dann zu klären, warum Ihr abgelehnt habt.

Das Ganze kann ein ganz schönes Hin und Her werden. Deshalb ist es wichtig, dass Ihr alles gut protokolliert. Auch mündliche Absprachen mit der Redaktion in einem Gedächtnisprotokoll festhalten. Am besten ist es natürlich, so wenig wie möglich Dienste/Aufträge abzulehnen.

Nicht geklärt ist, was passiert, wenn Aussage gegen Aussage steht oder gar nachweislich kein Verursacher existiert (z.B. Der Mitarbeiter hat in Redaktion A Aufträge nicht angenommen, weil er in der gleichen Zeit bei Redaktion B genauso viel oder mehr Geld verdienen konnte).

II. Unbezahlter genehmigter Urlaub, z.B. „Elternzeit“

Hier wird genauso verfahren, wie im Falle einer normalen Weiterbeschäftigung. Das heißt das Jahr, in der der unbezahlte und von der Personalabteilung genehmigter Urlaub genommen wurde, wird genauso gewertet wie jedes andere Jahr. Meistens wird dieses Jahr dann als einkommensschwächstes Jahr sowieso gestrichen.

III. Rechenbeispiele (ohne Gewähr)

Gültig für alle Beispiele ist Folgendes:

Jemand hat beispielsweise im Jahr 2016 deutlich weniger verdient als in den Vorjahren und will für 2016 Ausgleich beantragen (dies muss er bis spätestens 31.3.2017 tun).

Zur Berechnung des Durchschnitteinkommens werden dann die Jahre 2015/2014/2013/2012 und 2011 herangezogen. Das entgeltstärkste und entgeltschwächste Kalenderjahr wird dann wieder gestrichen und die drei verbleibenden Jahre zusammen gezählt und durch drei geteilt.

1. Beispiel

Nach obiger Ausrechnung verdiente Max Mustermann die letzten fünf Jahre vor dem Verlustjahr durchschnittlich 23.000 Euro und im abgelaufenen z.B. nur noch 18.000 Euro. Anrechenbare Einkünfte von Dritten hat er nicht.
Da er unter der Abschlagsgrenze von € 25.564,59 liegt, erfolgt auch kein Abzug vom Durchschnittsentgelt der Berechnungsjahre und er erhält 5.000 Euro (23.000 minus 18.000) Ausgleich.

2. Beispiel

Nach obiger Ausrechnung verdiente Max Mustermann die letzten fünf Jahre vor dem Verlustjahr durchschnittlich 35.000 Euro und im Abgelaufenen z.B. nur noch 26.000 Euro. Anrechenbare Einkünfte von Dritten hat er nicht.
Da er in der ersten Abschlagsgrenze zwischen € 25.564,59 und € 38.346,90 liegt, erfolgen 5% Abzug vom Durchschnittsentgelt der Berechnungsjahre.

Deshalb verringert sich sein Anspruch um 1.750 Euro auf 33.250 Euro und er erhält 7.250 Euro (33.250 minus 26.000) Ausgleich. Genauso verhält es sich bei höheren Einkommen bis zum höchsten Tarifgehalt, nur die Abschläge nehmen zu (siehe Tabelle oben).

3. Beispiel mit Einkünften außerhalb des BR

Nach obiger Ausrechnung verdiente Max Mustermann die letzten fünf Jahre vor dem Verlustjahr durchschnittlich 45.000 Euro und im abgelaufenen z.B. nur noch 26.000 Euro. Und er hat anrechenbare Einkünfte von Dritten in Höhe von 10.000 Euro. Diese werden nur zur Berechung des Abschlags herangezogen, in dem sie zum durchschnittlichen BR-Einkommen addiert werden.

Dadurch erhöht sich sein Gesamtverdienst von 45.000 auf 55.000 Euro und somit der prozentuale Abschlag von 7,5 auf 10%.

Dieser 10%ige Abschlag wird dann auf die BR-Einkünften angewendet, also 10% von 45.000 Euro = 4.500 Euro. Somit hat er noch 40.500 Euro Anspruch und erhält die Differenz zu den 26.000 Euro als Ausgleich, also 14.500 Euro (ohne die Dritteinkünfte wären es mit nur 7,5% Abschlag  15.625.- Ausgleich).

4. Beispiel (Sonderfall)

(Stand 13.02.2023)

Angenommen unser Max Mustermann hat die letzten fünf Jahre vor dem Verlustjahr durchschnittlich 150.000 Euro und im abgelaufenen Jahr nur noch 120.000 Euro verdient. Da er in der höchsten Abschlagsgrenze liegt, erfolgen 10% Abzug, aber nicht vom durchschnittlichen Einkommen der Berechnungsjahre, sondern vom höchsten Tarifgehalt.

Das heißt, wer über dem höchsten Tarifgehalt verdient, kann immer nur dieses als Durchschnittseinkommen ansetzen und muss davon den Abschlag vornehmen. (Landesarbeitsgericht Urteil vom 25.03.2009, Aktenzeichen: 10 Sa 734/08)

In unserem Beispiel sieht das dann so aus:

Das höchste Tarifgehalt liegt bei 130.190,28 Euro (Stand Januar 2023). Davon 10% Abzug ergeben Ansprüche von 117.171,25 Euro. Da Max Mustermann aber 120.000 Euro verdient hat, erhält er keinen Ausgleich.

IV. Wie beantrage ich Ausgleichszahlungen?

Gleich mal vorweg: Dafür gibt es kein Formular im Intranet. Es genügt, der Personalabteilung schriftlich mitzuteilen, dass man für das vergangene Jahr Ausgleichszahlungen beantragt. Wichtig ist, dass Ihr die Frist bis zum 31. März wahrt und das notfalls auch beweisen könnt.

Die Möglichkeiten:

Den Antrag ausdrucken und persönlich abgeben. Hier empfiehlt es sich, eine Kopie dabeizuhaben und auf dieser den Eingang mit Datum bestätigen zu lassen. Oder es geht noch jemand als Zeuge mit.
Den Antrag mit der normalen Post schicken. Wer sicher gehen möchte am besten mit Rückschein.
Den Antrag an der Pforte abgeben und den Empfang quittieren lassen. (Das ist inzwischen im FH nicht mehr möglich! Anm. A. Höfig)

Den Antrag mit einem Zeugen in den BR-Briefkasten werfen.
Den Antrag mit der Hauspost schicken. Davon raten wir schon wegen der Vertraulichkeit ab.
Den Antrag per Mail schicken. Ist möglich, dann aber unbedingt einen Zustellbericht und eine Lesebestätigung anfordern und wenn da nichts zurückkommt, nachfragen und sich den Eingang mit Zeugen bestätigen lassen.

Was muss draufstehen?

Natürlich Euer Name, Adresse, Personalnummer und dass Ihr für das vergangen Jahr nach § 4.2 des Tarifvertrags für arbeitnehmerähnliche Personen im BR Ausgleich beantragt.

Was könnte noch draufstehen?

Eure Stammredaktion oder die Redaktion, wo Ihr glaubt, dass die Einkommensverluste entstanden sind.

Was muss nicht draufstehen?

Die Höhe der Ausgleichszahlungen, die Ihr vielleicht selber schon ausgerechnet habt. Schaden kann das zwar nicht, aber vielleicht ist dann die Enttäuschung größer, wenn die Personalabteilung auf eine niedrigere Summe kommt.

Trotzdem sollte jeder den Anspruch vorher ausrechnen, da es sicherlich von der Höhe der möglichen Ausgleichszahlungen abhängt, ob man den Antrag überhaupt stellen möchte.

Was passiert, wenn der Antrag abgegeben wurde?

Die Personalabteilung bearbeitet ihn. Dies kann auch etwas dauern. Solltet Ihr auch nach Wochen noch nichts hören, einfach nachfragen.

Auf jeden Fall könnt Ihr nach Bearbeitung des Antrags, egal wie das Ergebnis ausfällt, eine genaue Aufstellung über die Berechnung verlangen.

Bei Problemen im Einzelfall stehen wir Euch gerne zur Verfügung.

V. Zumutbarkeit von Ersatzbeschäftigung

Um die (teilweise) Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen zu vermeiden, oder wenn eine Beendigung nicht mehr möglich ist, sucht der BR im Rahmen des Steuerungskonzepts nach Möglichkeiten, die Mitarbeiterin, den Mitarbeiter an anderer Stelle zu beschäftigen, Dabei stellt sich möglicherweise die Fragen welche Tätigkeiten zumutbar sind.

Die Zumutbarkeitsfrage ist nicht eindeutig geregelt – auch nicht im Tarifvertrag. Diese unterliegt jeweils einer Einzelfallprüfung.
Auf jeden Fall sei es nach Ansicht der Personalabteilung zumutbar, dass beispielweise Featureautoren auch kleinere/kürzere Beiträge machten. In allen Fällen ist es sinnvoll, bezüglich Alternativbeschäftigungen zuerst das Gespräch mit der Redaktionsleitung zu suchen, eventuell begleitet von der Freienvertretung oder auch dem Personalreferenten.

VI. Sonstiges

Die Ausgleichszahlungen werden „Beschäftigungstagen“ zugeordnet, in denen es wenig oder keine Beschäftigung gab. Das sorgt für durchgängige Einzahlungen in die Rentenkasse.

Die Stammredaktion ist verpflichtet, eine andere Redaktion, bei der sich ein Verdiensteinbruch abzeichnet, bis zur Jahresmitte darauf hinzuweisen. Wird dieser Hinweis unterlassen (oder ist nicht nachweisbar) wird die Kostenstelle der Stammredaktion mit dem betreffenden Ausgleich belastet. Deshalb kann es sinnvoll sein, die Redaktionsleitung zur Jahresmitte auf mögliche Einkommensverluste hinzuweisen.